Ist Downhill-Rennen gleich Downhill-Rennen? Nimmt man im Ausland an einem Wettkampf teil, so ist es immer wieder interessant zu sehen, welche Unterschiede sich zur heimischen Szene ausmachen lassen. In diesem Fall war es besonders spannend, da sich der Austragungsort im Ursprungsland des Mountainbike-Sports befindet: der Stadtteil Southridge am südlichen Rand der kalifornischen Stadt Fontana. Eines ist klar, das Format als Solches ist natürlich auch im Geburtsland des Mountainbike-Sports kein anders. MTB Downhill: Es geht bergab, man fährt auf einem DH-Bike und es ist ein Einzelsport. Oder doch nicht?
PRO GRT DH-Rennen – Southridge/Fontana
Pro GRT #2 – Fontana von metalfreak – mehr Mountainbike-Videos
Downhill-Racing in Kalifornien
Beim zweiten Lauf der us-amerikanischen PRO GRT DH-Serie bot sich uns die Gelegenheit dem Kern der kalifornischen DH-Rennszene ganz nah zu sein, ja sogar ein Teil von ihr zu werden. Als Teil des Geschehens wurden uns so einige interessante Eindrücke zu teil. Was im Motorsport seit eh und je zum guten Ton gehört, dem MTB DH-Sport jedoch noch immer fehlt, findet sich in den USA auf nationaler Ebene wieder: Privat geführte Amateur- und Profi-Teams die sich nicht nur der Förderung junger Talente verschrieben haben, sondern auch als interessantes Geschäftsmodell fungieren.
# Anmeldung mit deutscher Gründlichkeit: Fast überall trifft man auf deutsche Wurzeln.
Selbst bei einem kleinen lokalen Rennen wie dem PRO GRT Serienstopp in Fontana ließen sich gleich mehrere dieser Privatmannschaften sehen. Eines dieser Teams wird unter anderem von Aaron Gwin und seinem Manager, dem Ex-Downhill-Profi Richie Houseman, betrieben und hört auf den Namen “Aaron Gwin Academy”. Während sich Houseman eher um den geschäftlichen Teil kümmert, ist Gwin stark ins Training seiner “Zöglinge” involviert, womit wir auch schon mitten im Geschehen währen.
Anders als man vielleicht vermuten würde, steht für Aaron die Betreuung seiner Schützlinge an erster Stelle. Das gesamte Rennwochenende war der zweifache Gesamtsieger des DH World Cups darum bemüht, seinen beiden Team-Fahrern den bestmöglichen Support zu bieten und stellte damit seine eigenen Rennambitionen hinten an. Während die Top 8 der “PRO GRT”-Serie das Privileg hatten einen eigenen Shuttle in Anspruch nehmen zu können, stellte sich Aaron zu seinen Nachwuchsfahrern in die Warteschlange und begnügte sich mit den regulären Shuttle-Bussen.
# Red Bull Shuttle: Nur die Top 8-Fahrer der PRO GRT-Serie kamen in diesen besonderen Genuss.
Obwohl es sich um ein UCI-Rennen handelte, bei dem es wichtige Punkte für die Weltrangliste einzufahren galt, machte es den Anschein als würden viele Fahrer das Rennen zu Anfang der Saison lediglich als Training sehen. Nur wenige Fahrer der Pro-Klasse fuhren auf der risikoreichen Strecke auf Teufel komm raus um eine bessere Platzierung ergattern zu können. Bei den Nachwuchsfahrern zeichnete sich ein anderes Bild ab. Da nur die wenigsten von ihnen die Möglichkeit haben die Hauptsaison bei den entscheidenden Rennen in Europa teilzunehmen, müssen sie ihr Können in der Heimat unter Beweis stellen, in der Hoffnung einem der vielen Teams oder gar den Abgesandten der großen Firmen selbst aufzufallen.
So wundert es auch nicht, dass die in Kalifornien ansässigen Firmen wie beispielsweise Fox Shox oder Specialized ihre Sponsoringbeauftragen oder Team-Manager zu den lokalen Rennen schicken. Dort versuchen sie sich ein Bild vom Leistungsstand des Nachwuchses zu verschaffen. Am gesamten Rennwochenende sah man sie in Southridge am Streckenrand stehen, von wo aus sie das Geschehen genauestens beobachteten.
# Gwin´s Bike nicht im Montageständers des Mechanikers – der widmete sich dem Nachwuchs.
Einer der Glücklichen der es zu großen Teilen über diesen Weg in eines der renommiertesten Teams des World Cup Zirkus schaffte ist der Specialized Racing DH Team-Fahrer Mitch Ropelato. Nachdem er in jungen Jahren für Aufsehen im 4Cross World Cup sorgte verschwand der Youngster ebenso schnell von der Bildfläche, wie er gekommen war. Vor knapp zwei Jahren gelangte Ropelato dann über jenen Weg in das nationale DH-Team von Specialized: Specialized Gravity USA. Wie er vergangenes Jahr als Ersatz für den verletzten Troy Brosnan den Weg ins World Cup Team fand, dürfte wohl allseits bekannt sein [mehr dazu hier].
# Lehrstunde mit Mitch: Ropelato ging das Training am Freitag entspannt an.
Als frischgebackenes Mitglied des Specialized Racing DH World Cup Teams ging Ropelato die Sachen beim PRO GRT-Rennen in Fontana ebenso entspannt an, wie sein Team-Kollege Aaron Gwin. Ropelato hatte sogar so viel Spaß an der Herausforderung die Strecke mit dem 29er in Angriff zu nehmen, dass er an dieser Wahl auch für Rennen nichts änderte. Interessant zu beobachten war währenddessen die im Internet entbrannte Diskussion, ob man Strecken wie die in Southridge überhaupt als DH-Strecke bezeichnen dürfte.
Ausschlaggebend dafür war nicht nur die Streckentopografie, sondern auch die überbewerte Bike-Wahl Ropelatos: Die teils sehr anspruchsvolle und mit Felsen verblockte Strecke hat gegen Ende ein schier nicht enden wollendes Tretstück vorzuweisen. Diesem Tretstück schob man es fälschlicherweise zu, dass Ropelato mit dem 29er an den Start ging. Gwin entschied sich hingegen für sein DH-Bike, da er dieses nach eigenen Angaben die gesamte Saison unter dem Hintern hätte es nur einleuchtend sei, sein Arbeitsgerät nicht von Rennen zu Rennen zu wechseln.
# Aaron Gwin: es schien als würde der zweifache Gesamtsieger des DH World Cups nichts aufs Ganze gehen wollen.
Letzten Endes stellte sich jedoch wieder einmal heraus, dass der Fahrer selbst die ausschlaggebende Kraft über Sieg oder Niederlage ist. Obwohl sich der KHS Team-Fahrer und Serienführende Logan Binggeli, der als einer der Wenigen verbissen um den Sieg kämpfte, zugunsten der Vorteil in den Tretpassagen für ein 27,5″ Enduro-Bike entschied, musste er sich seinem Erzrivalen Aaron Gwin auf dessen DH-Bike geschlagen geben. Den Sieg sicherte sich zur Freude der Zuschauer Mitch Ropelato, der mit seinem 29er samt Trinkflasche ein beeindruckendes Rennen fuhr und der Konkurrenz nicht nur auf den Tretpassagen überlegen war.
# Mitch Ropelato – zum Sieg mit Trinkflasche und 29er All Mountain.
Das Resümee nach einem interessanten DH-Rennwochenende in jenem Land, in dem alles begann, fällt im wahrsten Sinne des Satzes simpel aus: Es scheint als wäre man hier in Kalifornien am Boden geblieben. Den Teilnehmer liegt vor alles eines am Herzen: Rennen zu fahren und eine gute Zeit mit Freunden auf dem Bike zu verbringen. Von Partys und Festivalstimmung ist man weit entfernt, im Mittelpunkt steht der Wettkampf und das auf eine sportliche aber angenehm entspannte Art und Weise.
Das Rennwochenende in Bildern
# Anmeldung – knapp 200 Starter können sich für ein “lokales” Rennen sehen lassen.
# Komplizierte Versicherungssysteme sorgen in den USA für mächtig Bürokratie bei der Anmeldung.
# DH- und SuperD-Rennen: zwei Rennen, zwei Anmeldeverfahren, zwei Startnummern.
# Fox war nur ein der vielen Firmen die mit Werksmechanikern vor Ort vertreten waren.
# Gute Laune beim Shuttle-Personal: die ehrenamtlichen Helfer sind auch in den USA unersetzlich.
# Die tief stehende Sonne und der helle Sandboden sorgten für besonderes Lichtverhältnisse.
# Fontana DH Race Track: Je nach Fahrkönnen gab es eine eigene Strecke: Pro und Expert rechts, Sport und Beginner links.
# Mitch Ropelato: mit 29er, Trinkflasche und Halbschale auf ins erste Training.
# Die berühmte “Waterfall”-Sektion von Southridge.
# Mitten im “Waterfall” mit Ausblick auf Fontanas Ortsteil Southridge.
# Logan Binggeli: auf seinem 650b-Bike versuchte er Mitch Ropelato und Aaron Gwin Einheit zu gebieten.
# Die Nr. 8 der PRO GRT Tour: Tyler Krenek
# Die Mittagspause bot ausreichend Zeit für so manchen Schabernack.
# Lou von “Sweet Lou´s” sorgte für vorzügliche Verpflegung – nur für Vegetarier hatte er nichts im Angebot.
# Bei diesem Licht dürfte wohl so manchem Fotografen das Herz aufgegangen sein.
# Das Trek Southridge Team konnte den Heimvorteil nicht wirklich ausspielen.
# Mit seinem 8ten Platz hielt Waylon Smith die Ehre des heimischen Teams aufrecht.
# Staubig!?
# Das KHS-Team [Logan Binggeli & Kevin Aiello] musste sich den Specialized-Jungs geschlagen geben.
# Enduro- oder DH-Bike: Über diese wohl berechtigte Fragen machten sich die wenigsten Gedanken.
# Tierisch gutes Wochenende.
# Zeitnahme den UCI-Regeln konform: In Southridge gab es wichtige Weltranglistenpunkte.
# Siegerehrung – Fontana: Ropelato [1], Gwin [2], Binggeli [3]
# Der letzte Blick galt den Ergebnissen.
——————————————————————–
Video: Benni Klose // Bilder: Manuel Sulzer // Redaktion: Maxi Dickerhoff
Der Beitrag PRO GRT Series – Fontana/Kalifornien: DH-Racing im Land des MTB-Ursprungs ist auf MTB-News.de erschienen.